Im Interview mit Haberland spricht der Kommunikationsdesigner Tobias Wiebeck darüber, wie es ist Selbstständig als Student zu sein. Jetzt lesen!
Selbstständigkeit

Selbstständig als Student? OH, JA!

  04.10.2022 |  5 Min Lesezeit

Studium und Selbstständigkeit kann eine Doppelbelastung bedeuten, bringt aber auch einige Vorteile – z.B. das Netzwerk, welches man sich während dem Studium schaffen kann. Tobias Wiebeck wagte während dem Studium zum Kommunikationsdesigner den Sprung in die Selbstständigkeit. Mit dem Graphik Design Studio „OH, JA!“ entwickelt er kreative Lösungen für Branding und Design. In einem Interview spricht der 38-jährige Designer mit uns über Visionen, Gründerprobleme, Cash und Geschäftsbeziehungen.

 

Was war Ihre Vision?

Der Grundgedanke war es, einen Ort zu schaffen, an dem wir mit unseren Kunden gemeinsam auf Augenhöhe agieren, um kreative und nachhaltige Lösungen entwickeln zu können. Wir vergleichen die gemeinsame Arbeit an Projekten gerne mit einem Tanz, denn auch dort geht es nur mit Vertrauen und einem gemeinsamen Taktgefühl.

Ein weiterer Wunsch war es, unser bestehendes Netzwerk aus Spezialisten diverser Bereiche in unsere Projekte zu integrieren. Das heißt passend zum Projekt ein Team zusammenzustellen, das optimal auf die jeweiligen Bedürfnisse der Aufgaben eingehen kann. Dies bietet auch uns die Möglichkeit, von anderen Disziplinen zu lernen und immer wieder Neues zu entdecken.

 

Wie konnten Sie Ihr Studium und den gleichzeitigen Weg in die Selbstständigkeit managen?

Um einen großen deutschen Autor zu zitieren: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne…“ Die Anfangs-Euphorie gepaart mit einer großen Portion Naivität halfen bei den ersten Schritten. Bereits im Studium versuchte ich mir ein kleines Netzwerk aufzubauen. Alles, was danach kam, war einfach „try and error“.

 

Wie viel Zeit haben Sie im Vorfeld wöchentlich in Ihr Projekt investiert?

Die eben angesprochene Anfangs-Euphorie und auch die Leidenschaft für die Sache führten dazu, dass es bei mir eigentlich keine feste Trennung zwischen Arbeit und Leben gab. Ehrlich gesagt ist das heute immer noch so. Insofern ist es natürlich schwer zu beziffern, wie viel Zeit ich in die Planung investiert habe.

 

Wie haben Sie sich als Student den Weg in die Selbstständigkeit finanziert?

Ich habe schon früh angefangen mein eigenes Geld zu verdienen. Das begann ganz klassisch mit dem Austragen von Zeitungen, über Lagerarbeiten, die Unterstützung eines Papierrestaurators bis hin zum Jobben in einem Designbüro.  Unabhängig von den doch meist anstrengenden Arbeiten fand ich es immer super spannend, verschiedene Branche aus einer inneren Perspektive kennenzulernen. Das ist auch etwas, was ich heute noch sehr genieße. Durch unsere Kunden eröffnen sich auch uns immer wieder spannende neue Welten in ganz unterschiedlichen Branchen.

 

Wer hat Sie bei Ihrem Ziel der Selbstständigkeit unterstützt? Hatten Sie Mentoren?

Nein, einen klassischen Mentor hatte ich nicht. Ich denke aber, dass dies eine sehr große Hilfe sein kann. Meine Unterstützung kam vor allem aus der Familie, von meiner damaligen Freundin und jetzigen Frau sowie von Freunden und Bekannten, die mich bei der Entscheidung unterstützten.

 

Was war Ihr größtes Learning?

Ein großes Thema ist die Selbstorganisation. Die verschiedenen Themen, wie   Projektmanagement, Buchhaltung, IT etc., unter einen Hut zu bringen. Zu den wichtigsten Erkenntnissen gehört auch die, dass ein Großteil meiner Arbeit darin besteht, Sachen zu erledigen, die nicht primär etwas mit meiner Ausbildung zu tun haben.

 

Was lief einfacher als gedacht?

Mit unserem Büro OH, JA! hatten wir uns in kurzer Zeit einen guten Ruf erarbeitet, über Empfehlungen konnten wir uns einen ersten Kundenstamm aufbauen. Das führte dazu, dass wir sehr schnell unsere Fixkosten decken konnten und das war natürlich eine große Erleichterung. Wir haben unser Unternehmen ohne Fremdfinanzierung gestartet. Das hat den Vorteil, dass man sehr selbstbestimmt arbeiten kann und das Wachstum organisch verläuft. Diese Tatsache führt jedoch auch zu etwas langsameren Entwicklungsschritten.

 

Würden Sie rückblickend etwas anders machen?

Ich glaube ein Mentor bzw. ein erfahrener Ansprechpartner in der Branche wäre gerade am Anfang eine große Hilfe gewesen.

 

Was war Ihre größte Motivation?

Das Gefühl zu haben, die Dinge in der eigenen Hand zu haben, die Projekte zu realisieren, die uns am Herzen liegen und die Möglichkeit, mit den Kunden in persönlichen Kontakt zu kommen. Man lernt auf diese Weise unfassbar viele spannende und inspirierende Menschen kennen.

 

Was hätten Sie sich während der Gründung von OH, JA gewünscht?

Eine Gründung bringt unabhängig von der eigentlichen Arbeit einen großen bürokratischen Aufwand mit sich. Einen zentralen Ansprechpartner, der über die verschiedenen erforderlichen administrativen Aspekte einen Überblick vermitteln kann wäre natürlich schön gewesen.

 

Was würden Sie zukünftigen Gründern mit auf den Weg geben?

Auch hierzu ein Zitat eines großen amerikanischen Philosophen und Boxers: „Everybody has a plan until they get punched in the face.“ (Mike Tyson)

Vieles wird nicht so laufen wie ihr euch das gedacht habt, bleibt flexibel und lasst euch nicht unterkriegen.  

 

Haben Sie sich alleine selbstständig gemacht oder hatten Sie eine Partnerschaft angestrebt?

Im Studium hatten wir schon einen Kreis von Leuten, die das Thema Selbstständigkeit und Unternehmertum interessant fanden, darunter auch mein jetziger Geschäftspartner. Er entschloss sich jedoch, seine ersten Schritte in großen Agenturen zu machen. Die Vision aber, eines Tages etwas gemeinsam aufzubauen, war damals schon vorhanden. Ich schloss mich gemeinsam mit einem anderen Kommilitonen zusammen, um das Abenteuer Selbstständigkeit zu starten. Nach einiger Zeit verfolgten wir unterschiedliche Ziele und entwickelten uns unterschiedlich weiter.

In diesem Moment entschieden mein jetziger Geschäftspartner und ich, dass der richtige Zeitpunkt für die Gründung einer gemeinsamen Firma gekommen war. Es ist bis heute eine sehr inspirierende Partnerschaft und vor allem eine tolle Freundschaft. 

 

 

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